Aleksandr Stepanowitsch Popow

Nach seinem Abschluss an der Fakultät für Physik und Mathematik der Universität St. Petersburg im Jahr 1882 blieb Popow an der Universität, um sich auf eine wissenschaftliche Tätigkeit vorzubereiten. Von 1883 bis 1901 lehrte er Physik und Elektrotechnik an der Minenoffiziersschule und von 1890 bis 1900 an der Technischen Schule der Marineverwaltung in Kronstadt. Im Jahr 1901 wurde er Professor für Physik am Elektrotechnischen Institut in St. Petersburg, dessen Direktor er 1905 wurde. Popov erhielt 1900 den Titel eines Ehren-Elektroingenieurs und wurde 1901 zum Ehrenmitglied der Russischen Technischen Gesellschaft ernannt.

Popovs früheste Forschungen waren einer Analyse der effizientesten Leistung dynamoelektrischer Maschinen (1883) und der Hughes-Induktionswaage (1884) gewidmet. Nach der Veröffentlichung von H. Hertz‘ Werk über Elektrodynamik im Jahr 1888 begann er mit der Untersuchung elektromagnetischer Phänomene und hielt eine Reihe öffentlicher Vorträge mit dem Titel „Recent Investigations of the Relationship between Light and Electric Phenomena“. Um einen Weg zu finden, die Hertz’schen Experimente vor einem großen Publikum zu demonstrieren, konstruierte er einen geeigneten Detektor für die elektromagnetischen Wellen, die der Hertz’sche Oszillator ausstrahlte.

Da er wusste, dass die Marine ein Mittel zur drahtlosen Signalisierung benötigte, widmete sich Popov Anfang der 1890er Jahre dem Problem der Nutzung elektromagnetischer Wellen für die Übertragung von Signalen. Seine Suche nach einer Lösung für dieses Problem verlief in zwei Phasen: Erstens wurde ein ausreichend empfindlicher Detektor für elektromagnetische Wellen gefunden; zweitens wurde ein Gerät entwickelt, das die vom Hertz-Oszillator abgestrahlten elektromagnetischen Wellen zuverlässig registrieren konnte. Popov wählte als Detektor den von dem französischen Physiker E. Branley entwickelten Radiowellendetektor, der später als Kohärent bezeichnet wurde. Der Kohärer bestand aus einer kleinen Glasröhre, die an ihren Enden zwei Elektroden hatte und mit Metallspänen gefüllt war. Wenn elektromagnetische Wellen auf den Kohärer einwirkten, verringerte sich der elektrische Widerstand der Feilspäne drastisch, und die Empfindlichkeit des Kohärenters wurde verringert. Die Empfindlichkeit konnte jedoch durch leichtes Schütteln des Kohärenters wiederhergestellt werden. Nach einer Reihe mühsamer Experimente gelang es Popov, den Kohärentapparat zu einem ausreichend empfindlichen und praktischen Detektor für elektromagnetische Wellen zu machen. Die zweite Etappe wurde Anfang 1895 mit dem Bau eines „Geräts zum Nachweis und zur Registrierung elektrischer Schwingungen“, d. h. eines Radioempfängers, abgeschlossen (Abbildung 1). Das Gerät bestand aus folgenden Komponenten, die in Reihe geschaltet waren: einem Kohärer, einem polarisierten Relais, das den Stromkreis einer elektrischen Glocke schloss, und einer Batterie, die einen Gleichstrom lieferte. Wenn der Widerstand des Kohärenzmessers unter der Einwirkung der elektromagnetischen Wellen abnahm, betätigte das Relais die elektrische Glocke. Der Hammer der Glocke schlug zuerst auf die Glocke und dann auf den Kohärentapparat. Durch den Schlag des Hammers wurde der Kohärer erschüttert, der dadurch wieder in seinen empfindlichen Zustand versetzt wurde. So war der Kohärer sofort nach dem Empfang eines elektromagnetischen Signals bereit, ein anderes Signal zu empfangen.

Abbildung 1. Schematische Darstellung des Radioempfängers von A. S. Popov: (M) und (N) Halterungen, an denen der Kohärer durch eine leichte Spiralfeder aufgehängt ist; (A) und (B) Platinplatten des Kohärenters; (P-Q) elektrische Batterie, von der aus die Platinplatten durch das polarisierte Relais ständig mit Spannung versorgt werden

Im Frühjahr 1895 baute Popov einen empfindlichen, zuverlässig arbeitenden Empfänger, der sich für die drahtlose Signalgebung, den Funkverkehr, eignete. Als Sender verwendete er einen modifizierten Hertz-Oszillator, der durch eine Ruhmkorff-Spule angeregt wurde. An den Enden der Stäbe des Oszillators befestigte er 40 cm große quadratische Bleche. Die Signalisierung erfolgte durch einen Schalter im Versorgungskreis der Ruhmkorff-Spule. Die ersten Funkversuche wurden im Physiklabor und dann im Garten der Minenoffiziersschule durchgeführt. Bei diesen Versuchen empfing der Empfänger Funksignale von einem bis zu 60 m entfernten Sender. Bei den Experimenten stellte Popov fest, dass die Entfernung für einen zuverlässigen Empfang vergrößert werden konnte, indem man einen vertikalen Leiter, eine Antenne, an den Empfänger anschloss. Auf einer Sitzung der Physikabteilung der Russischen Physikalisch-Chemischen Gesellschaft am 25. April (7. Mai) 1895 hielt er einen Vortrag über seine Erfindung eines drahtlosen Kommunikationssystems und demonstrierte dessen Funktionsweise. Ein Bericht über seinen Vortrag wurde am 30. April (12. Mai) 1895 in der Zeitung Kronshtadtskii vestnik veröffentlicht. Ein Bericht erschien auch 1895 in Zhurnal Russkogo fiziko-khimicheskogo obshchestva (Bd. 27, Ausgabe 8, Physikteil) und 1896 in derselben Zeitschrift (Bd. 28, Ausgabe 1, Physikteil).

Bei seinen Experimenten im Jahr 1895 stellte Popov fest, dass sein Empfänger auch auf Blitzentladungen reagierte. Er konstruierte daher ein spezielles Gerät, das die Signale, die durch die elektromagnetische Strahlung von Gewittern erzeugt wurden, auf einem beweglichen Papierband aufzeichnete. Dieses Gerät, das später als Gewitterindikator bekannt wurde, verwendete Popov 1895 und 1896, um die Natur der atmosphärischen Störungen zu untersuchen. Popovs Empfänger und Sturmindikator werden im Zentralen Museum für Kommunikation in Leningrad aufbewahrt.

Von 1895 bis 1896 arbeitete Popov an der Verbesserung der von ihm gebauten Geräte; er hielt auch Vorträge und führte die Funktionsweise der Geräte vor. Bei Experimenten im Kronstädter Hafen im Frühjahr 1897 gelang es ihm, eine Funkverbindung über eine Entfernung von 600 m herzustellen. Bei Versuchen auf Schiffen im Sommer desselben Jahres erreichte er eine Entfernung von 5 km. Bei diesen Versuchen entdeckte Popow, dass Schiffe aus Metall die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen beeinflussen, und er schlug eine Methode vor, mit der sich die Richtung zu einem in Betrieb befindlichen Sender bestimmen lässt. In seinen Experimenten von 1897 verwendete er elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen, die an der Grenze zwischen dem Dezimeter- und dem Meterbereich lagen.

Popov führte im gleichen Zeitraum Untersuchungen mit Röntgenstrahlen durch. Er war der erste in Russland, der Röntgenaufnahmen von Gegenständen und von menschlichen Gliedmaßen machte.

1899 entdeckten Popows Assistenten P. N. Rybkin und D. S. Troitskii den Detektoreffekt des Kohärenters. Auf der Grundlage dieses Effekts baute Popov einen „Kopfhörer-Nachrichtenempfänger“ für den akustischen Empfang von Radiosignalen. Für diese Erfindung erhielt er 1901 das russische Patent Nr. 6066. Dieser Empfängertyp wurde von 1899 bis 1904 in Russland und von der Firma Ducreté in Frankreich hergestellt und fand breite Anwendung in der Funkkommunikation. Anfang 1900 wurde der Apparat von Popow für die Kommunikation bei der Bergung des Wracks des Panzerkreuzers General Admiral Apraksin in der Nähe der Insel Gogland und bei der Rettung von Fischern eingesetzt, die auf einer Eisscholle aufs Meer hinausgetragen worden waren. In diesem Fall erreichte die Übertragungsstrecke 45 km. Im Jahr 1901 erreichte Popov unter realen Bedingungen auf dem Schiff eine Entfernung von 148 bis 150 km.

Popovs Arbeit wurde von seinen Zeitgenossen in Russland und im Ausland hoch geschätzt. So wurde sein Empfänger auf dem Internationalen Technischen Kongress in Paris im Jahr 1900 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Popows Leistungen wurden in einem Erlass des Ministerrats der UdSSR im Jahr 1945 besonders gewürdigt. Darin wurde der 7. Mai zum Tag des Radios erklärt und die A. S. Popov-Goldmedaille eingeführt, die von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR für herausragende Forschungen und Erfindungen auf dem Gebiet des Radios verliehen werden sollte. Zu den Einrichtungen, die zu Ehren von A. S. Popow benannt wurden, gehören die Schule für Kommunikation in Kronstadt, die Höhere Marineschule in Leningrad, das Elektrotechnische Institut für Kommunikation in Odessa, das Zentrale Museum für Kommunikation und die Wissenschaftlich-Technische Gesellschaft für Radiotechnik, Elektronik und Kommunikation. Auch die Straße, in der Popow in Leningrad wohnte, wurde nach ihm benannt.

WERKE

„Usloviia naivygodneishego deistviia dinamo-elektricheskoi mashiny.“ Elektrichestvo, 1883, nos. 15-16.
„Sluchai prevrashcheniia teplovoi energii ν mekhanicheskuiu.“ Zhurnal Russkogo fiziko-khimicheskogo obshchestva, 1894, Bd. 26, Heft 9.
„Pribor dlia obnaruzheniia i registrirovaniia elektricheskikh kolebanii.“
Zhurnal Russkogo fiziko-khimicheskogo obshchestva, 1896, Bd. 28, Heft 1.
„O telegrafirovanii bez provodov.“ Elektrotekhnicheskii vestnik, 1897, no. 48.
O bezprovolochnoi telegrafii: Sb. st., dokladov, pisem i dr. mat-lov. Moskau, 1959.
„An Application of the Coherer“. The Electrician, 1897, Bd. 40, Nr. 1021.

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