Synapse und Schaltkreisdynamik

Synaptische Grundlage des Verhaltens Eine der größten Herausforderungen in der neurowissenschaftlichen Forschung besteht darin, zu verstehen, wie die Zellen im Gehirn (Neuronen) ihre spezialisierten Kontakte (Synapsen) nutzen, um Informationen weiterzuleiten und umzuwandeln, um die Welt um uns herum wahrzunehmen und wiederum Verhaltensweisen zu steuern. Eine faszinierende Funktion des Nervensystems ist seine Fähigkeit, den Überblick über die Zeit zu behalten. Empfindungen, Gedanken und Handlungen sind dynamische Ereignisse, bei denen das Gehirn den Zeitablauf kodieren muss. Bei vielen Aufgaben, wie z. B. beim Musizieren oder beim Sport, erfordert die genaue Ausführung eine präzise Schätzung von Zeitintervallen im Bereich von Millisekunden bis Sekunden. Wie die neuronalen Elemente in den Schaltkreisen des Gehirns die Zeit darstellen, ist jedoch nicht bekannt. Synaptische Verbindungen zwischen Neuronen ändern ihre Stärke dynamisch während kurzer Aktivitätsphasen, und wir stellen die Hypothese auf, dass sie daher wie „zelluläre Zeitgeber“ wirken und somit ein Substrat für die Kodierung von Zeit in neuronalen Netzwerken sein könnten, um präzise Verhaltensweisen zu erzeugen. Eine spezialisierte Region des Gehirns, das Kleinhirn, lernt präzise zeitliche Details unserer internen und externen sensorischen Welt, um motorische und kognitive Verhaltensweisen fein abzustimmen. Tatsächlich könnten Defizite der Kleinhirnfunktion die Ursache für veränderte sensorische Reaktionen bei Schizophrenie oder Autismus sein. Glücklicherweise ist die Schaltkreisarchitektur des Kleinhirns recht einfach und umfasst nur eine Handvoll klar definierter Neuronenarten. Dadurch lässt sich die Rolle jedes Neuronentyps und seiner synaptischen Verbindungen bei der Generierung präzise getimter Handlungen auf einzigartige Weise ermitteln.

Hypothese: Das Labor für Synapsen- und Schaltkreisdynamik (SCD) hat bahnbrechende Entdeckungen über die verschiedenen Funktionen von Synapsen im Kleinhirn gemacht (Abbildung 1) sowie über die molekulare Organisation innerhalb der Nervenendigungen, die diese Vielfalt steuert. Daraufhin haben wir ein mathematisches Modell entwickelt, das Vorhersagen darüber macht, wie die synaptische Vielfalt ein Substrat für Schaltkreisberechnungen ist, die dem Verhalten von Tieren zugrunde liegen (Abbildung 2). Die Haupthypothese ist, dass dynamische Veränderungen der synaptischen Stärke notwendig sind, um eine verteilte Darstellung der Zeit zu erzeugen, die als mathematische Grundlage zum Erlernen beliebiger Formen von Ausgangsneuronen verwendet werden kann. Diese verteilte Darstellung der Zeit ermöglicht es dem Kleinhirn, Handlungen zeitlich genau zu steuern.

Ansatz: Das SCD-Labor hat ein mehrstufiges Forschungsprogramm umgesetzt, das die makromolekulare Organisation an Synapsen mit der Funktion neuronaler Schaltkreise verbindet, die zeitlich genaues Verhalten steuern. Zu den Projekten des Labors gehören die Entwicklung der Mikroskopie, der Einsatz von Patch-Clamp- und dynamischer Zwei-Photonen-Bildgebung in akuten Hirnschnitten, die superauflösende Bildgebung synaptischer makromolekularer Komplexe, die Hochgeschwindigkeits-Zwei-Photonen-Bildgebung mit wahlfreiem Zugriff auf die Aktivität neuronaler Populationen und die Aufzeichnung einzelner Einheiten mit hochdichten Neuropixels-Sonden in wachen, verhaltensfähigen Mäusen. Statistische und numerische Methoden werden eingesetzt, um Datensätze an mathematisch formalisierte Hypothesen anzupassen.

Abbildung 1. Diversität der MF-GC-Synapse. Mittlere synaptische Ströme für fünf Synapsentypen (Gruppen) als Reaktion auf 100-Hz-Zugreize mit unterschiedlichen Amplituden und kurzfristiger Plastizität.

Abbildung 2. Simulation von PC-Pausen während der Augenlidkonditionierung. a) Schema der Augenlidkonditionierung. CS: konditionierter Stimulus (rot). US: unkonditionierter Stimulus (violett). Nachdem das Tier über viele Versuche hinweg CS und US in einem festen zeitlichen Zusammenhang erlebt hat, lernt es, sein Augenlid zu schließen, bevor der US gegeben wird (grün). Ein Tiefpunkt in der PC-Aktivität (blau) geht dem Lidschluss voraus (Zielzeit, graue gestrichelte Linie). b) Schema des Kleinhirnrinden-Ratenmodells. MFs sind nach Synapsenarten aus Chabrol et al. 2015 klassifiziert. Die Prozentzahlen geben die relative Häufigkeit der MF-Gruppen an. Einschübe: Verteilungen der Feuerungsraten für verschiedene MF-Gruppen. c) Beispiel für das Lernen der Augenlider im Verlauf von 4000 Lernschritten bei einer Verzögerung von 200 ms. Die gestrichelte Linie stellt das Zielsignal dar, das im überwachten Lernverfahren verwendet wird. Ohne STP-induzierte GC-Transienten kann kein PC-Tal erlernt werden (rosa Linie). d) Augenlid-Lernen für verschiedene Zielzeiten. Unterschiedliche Farben zeigen die PC-Antworten nach 4000 Lernschritten verschiedener Simulationen und die entsprechenden Zielzeiten (gestrichelte Linien).

Stellen verfügbar: Für die Erforschung der synaptischen Grundlagen der neuronalen Schaltkreise, die dem zerebellar-abhängigen Verhalten zugrunde liegen, sind Postdoc-Stellen verfügbar. Wir haben bereits gezeigt, dass die Vielfalt der synaptischen Stärke und Plastizität wichtig für die zeitliche Kodierung multisensorischer Reize ist. Anhand theoretischer Ansätze (Abbildung 2) stellen wir nun die Hypothese auf, dass die synaptische Vielfalt für die Wahrnehmung zeitlicher Sequenzen von Sinnesreizen und zeitliches Lernen entscheidend ist. Wir werden dieses Problem mit drei Strategien angehen: 1) Synaptische und neuronale Mechanismen werden mit Hilfe von bildgebenden und elektrophysiologischen Ansätzen in akuten Hirnschnitten erforscht, 2) durch computergestützte Modellierung und statistische Analyse und 3) mit Hilfe von hochdichten neuronalen Pixelaufzeichnungen und modernster Hochgeschwindigkeits-Zufallszugriffs-2-Photonen-Bildgebung in vivo mit neu entwickelten Aktivitätsreportern (Ca2+ und Neurotransmitter), Werkzeugen, die ideal für die Aufzeichnung der hochfrequenten Spike- und synaptischen Aktivität von Kleinhirnneuronen geeignet sind. Die Einfachheit der zerebellären kortikalen Konnektivität bietet sich für die Aufzeichnung von jedem der fünf Hauptneuronen an, um Vorhersagen von Netzwerkmodellen über die Berechnungen, die der Schaltkreis durchführen kann, direkt zu testen. Wir nehmen Bewerber für jeden Ansatz (in situ, in vivo und computergestützt) auf. Bewerber sollten daher Erfahrung in Elektrophysiologie, Bildgebung oder in vivo-Aufnahmen an wachen, sich verhaltenden Tieren haben und die Signalanalyse gut beherrschen. Das Labor ist multidisziplinär mit In-situ- und In-vivo-Neurophysiologen, Physikern (Optik) und theoretischen Neurowissenschaftlern, die in einem hochgradig kooperativen Umfeld arbeiten. Bei Interesse senden Sie bitte einen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben an [email protected].

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