Obwohl die Zahl der Kabelkanäle und der Kabelabonnenten in den 1990er Jahren weiter anstieg, erlebte das Netzfernsehen einen Aufschwung. Die Zahl der Sender wuchs, und zu den drei großen Sendern ABC, CBS und NBC kamen FOX, WB (Warner Bros.) und UPN (United Paramount Network) hinzu. Es gelang den Sendern auch, eine Reihe von Sendungen anzubieten, die die Amerikaner wirklich liebten. NBC war der dominierende Sender des Jahrzehnts, und sein „Must See TV“-Programm umfasste einige der beliebtesten Sendungen im Fernsehen.
Eine Komödie namens Seinfeld (1990-98) war eindeutig die Hit-Show des Jahrzehnts. Sie lief donnerstagabends auf NBC und drehte sich um die Possen des Stand-up-Komikers Jerry Seinfeld (1954-), der sich selbst spielte, und seine drei egozentrischen Freunde. Der Witz an der Sache war, dass es in der Show um nichts ging; in Wahrheit spiegelte die Show perfekt die ausgelassene, manchmal alberne Stimmung der 1990er Jahre wider. Neben Seinfeld gehörten auch die Serien Frasier (1993-), Friends (1994-) und das Krankenhausdrama ER (1994-) zu den „Must See TV“-Erfolgen. Ein weiterer großer Erfolg war ABCs NYPD Blue (1993-), das vielleicht düsterste Polizeidrama, das je im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Mehrere andere Sendungen stellten die Talente von Stand-up-Komikern in den Vordergrund: ABCs Home Improvement (1991-99) mit Tim Allen (1953-) in der Hauptrolle; NBCs Mad About You (1992-99) mit Paul Reiser (1957-) in der Hauptrolle; und CBSs Everybody Loves Raymond (1996-) mit Ray Romano (1957-) in der Hauptrolle. Der vielleicht auffälligste Moment im Netzfernsehen war, als Ellen DeGeneres (1958-), der Star der ABC-Sitcom Ellen (1994-98), 1997 in der Sendung ihre Homosexualität offenbarte. Gegen Ende des Jahrzehnts waren homosexuelle Charaktere in den großen Programmen keine Seltenheit mehr, vor allem in der NBC-Hitkomödie Will & Grace (1998-), in der zwei der drei Hauptfiguren schwul waren.
Während die großen Sender sich im Allgemeinen auf das große Mittelfeld der Familienunterhaltung beschränkten, gingen die Kabelkanäle und kleineren Sender an die Grenzen. Die Simpsons (1989-) auf FOX waren mit ihrer bizarren Zeichentrickversion einer gestörten amerikanischen Familie vielleicht die interessanteste Serie des Jahrzehnts. Noch schräger waren MTVs The Beavis and Butt-Head Show (1993-97) oder Comedy Central’s South Park (1997-), deren kruder Humor und Umgang mit kontroversen Themen sowohl Fans als auch Kritiker begeisterte. MTVs Real World (1992-) bot einen wöchentlichen Einblick in das Leben einer Gruppe von Fremden in den Zwanzigern, die zusammen in einem Haus oder einer Wohnung leben. Real World ebnete zusammen mit COPS (1989-) von FOX den Weg für den Erfolg einer Reihe von „Reality-TV“-Sendungen, die gegen Ende des Jahrzehnts und bis in die 2000er Jahre hinein beliebt waren; Survivor (2000-) von CBS war die erfolgreichste Sendung dieses Genres.
Auch für Kinder gab es in den 1990er Jahren etwas Neues zu sehen. Der japanische Zeichentrickfilm, Anime genannt, kam in den Vereinigten Staaten zuerst in Form von Pokémon (1997-), einem beliebten TV-Zeichentrickfilm sowie einem Kartenspiel und einer Spielzeugserie. Es folgten weitere Anime-Serien wie Sailor Moon und Dragon Ball Z. PBS bot Barney and Friends (1992-) an, in dem ein großer lila Dinosaurier auftrat, und einen britischen Import über Thomas the Tank Engine, der in einer amerikanischen Version der Sendung namens Shining Time Station (1990-93) erschien.